Summer Tales
Kim, Min Clara
Die Kunst Min Clara Kims ist gekennzeichnet durch eine detaillierte und akribisch ausgeführte Plastizität und Stofflichkeit, ein untrügliches Gespür für die Farbe und ihre Wirkungen, eine präzise und sorgfältige Arbeitsweise und ein virtuoses handwerkliches Können. Aus diesen einzelnen Komponenten hat die 1966 in Seoul geborene Künstlerin eine ganz einzigartige Bildform entwickelt, in der sie ihre Bildmotive – Porträts und in asiatische Stoffe eingepackte Gegenstände – in monumentaler Geste inszeniert. Wie kostbare Solitäre platziert sie ihre Motive auf einen neutralen, absolut reinen Hintergrund, so als wären sie von einer Schablone ausgestanzt worden. Auf diese Weise fordern die dargestellten Menschen und Dinge ein eigenständiges, autonomes Leben ein, aus dem sie uns rätselhafte Geschichten zu flüstern. Jedes ihrer Sujets wird in ihrer Absolutheit und ihrer entmaterialisierenden Schattenlosigkeit von einer geheimnisvollen, fast sakralen Aura umgeben.
In ihrer Kunst widmet sich die Künstlerin zwei thematischen Schwerpunkten. Zum einen sind es Alltagsgegenstände aus der fernöstlichen Kultur – wie feines Porzellan, kostbare und ornamental bestickte Seidenstoffe –, die sie bis ins kleinste Detail und mit raffinierten Faltenwürfen kunstvoll nach altmeisterlicher Handwerkskunst herausarbeitet. So wirken die Bildmotive in ihrer Präzision, Stofflichkeit und Körperlichkeit wie Relikte aus den Gemälden des flämischen Meisters Jan van Eyck. Doch vor dem neutralen Hintergrund wird das Objekt von jeglichem narrativen Bildkontext isoliert und in einer Weise inszeniert, die es aus der normalen Alltagssituation heraushebt. In anderen Werken wiederum können sich die Ornamente, auf feinem chinesischen Porzellan gemalt, auf der Standfläche wiederspiegeln und so eine gläsernd-kristalline Eigenschaft entfalten, die den Untergrund in die Tiefe öffnen und den Gegenstand besonders mystifizieren.
Auch die Titel, wie »Gefährliche Schöne« oder »Du bist min, ich bin din« (ein Vers aus einem hochmittelalterliches Liebesgedicht), entheben sie ihrer trivialen Funktion und verleihen ihnen eine lyrisch-poetische oder gleichnishafte Bedeutung.
Zum anderen bilden Darstellungen vom Menschen, oft auch sie selbst, den zweiten Schwerpunkt ihrer Malerei. Auch hier erscheinen ihre Figuren schattenlos vor einem undefinierten Hintergrund. Trotz der plastischen Ausarbeitung von Faltenwürfen bei der Kleidung und anderen Details ist es eine flächige, statische Malerei. Auch die Gesichter sind glatt und ebenmäßig, ohne jegliche Alterungsspuren.
Ihr Ausdruck ist meist reglos, entspannt und emotionslos. Oftmals halten sie kleine Gegenstände (z. B. ein Vogelnest) wie in einer Opferhaltung dem Betrachter entgegen, so als ob sie gerade in einem fernöstlichen Tempel ihr tägliches Gebet verrichten. Andere wiederum präsentiert Min Clara Kim wie Schauspieler in ihrem Rollenkostüm oder sie zeigt stark vergrößerte Ausschnitte ihres Gesichts. Auch hier sind es die anspielungsreichen Bildtitel, die die Darstellung mit einer weiteren Projektionsebene überziehen und den Betrachter in eine bestimmte Richtung lenken.
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